In Appenzell Innerrhoden leben heute noch Heiltätige, die als medizinische Laien mit Hilfe von altüberlieferten Heilsprüchen oder Segensformeln die Schmerzen oder das Fieber «nehmen», das Blut «stillen», Warzen und hartnäckige Ekzeme «vertreiben», oder den «Brand» löschen, das heisst, sie versuchen schwere Verbrennungen und Entzündungen zum raschen Ausheilen zu bringen, ohne dass auf der Haut Narben zurückbleiben.

Dabei handelt es sich jedoch um kein exklusives Innerrhoder Phänomen. Gleich drei Publikationen, die in den vergangenen Jahren erschienen sind, belegen, dass diese Art der Heiltätigkeit zur Zeit auch im Montafon (1) (Vorarlberg), in Oberschwaben (2) und in der Grossstadt Berlin (3) noch relativ häufig ausgeübt wird. Aus der Schweiz sind neuere Untersuchungen zu diesem Phänomen nicht bekannt, doch gibt es verschiedene Belege aus der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts, die die Existenz des Gebetsheilwesens beispielsweise in der Innerschweiz (4) oder im Sarganserland (5) nachweisen. Als wichtigste Quellen für die Verbreitung des Gesundbetens um 1940 gelten der Atlas der schweizerischen Volkskunde (6) (ASV) und der Atlas der deutschen Volkskunde (7) (ADV). Im Toggenburg und im Fürstentum Liechtenstein wird nach Auskunft von zwei praktizierenden Ärzten bis heute – wenn vielleicht auch in geringerem Ausmass als in Appenzell Innerrhoden – mit Gebeten und Sprüchen geheilt.

 

GEHEIME BERUFUNG

Wenn von Heiltätigen dieser Art die Rede ist, sprechen die Einheimischen von jemandem, der «för Hitz ond Brand tuet» oder «Bluet stöllt» und «Warze vertriibt». Der Ausdruck «Sympathie anwenden / ausüben», der früher oft verwendet wurde, ist heute nicht mehr geläufig. Der Einfachheit halber soll hier die Rede von Gebetsheilerinnen und Gebetsheilern sein, wird doch die Heiltätigkeit von den Betreffenden selbst als Gebet verstanden oder zumindest in inniger Verbundenheit mit Gebeten ausgeübt. Im süddeutschen und österreichischen Raum spricht man im allgemeinen von «Gesundbetern» und «Gesundbeterinnen». Der Begriff «Besprechen» bezeichnet in diesen Regionen dieselbe Tätigkeit.

Die Bedeutung des Gebetsheilens innerhalb des Innerrhoder Gesundheits-wesens ist nur sehr schwer abzuschätzen. Obwohl davon ausgegangen werden darf, dass die allermeisten Bewohnerinnen und Bewohner von Appenzell Inner-rhoden Kenntnis von dieser medizinischen «Subkultur» haben und damit auch schon mehr oder weniger direkt konfrontiert waren, handelt es sich doch um ein Phänomen, das dem Blick der Öffentlichkeit weitgehend entzogen ist. Im individuellen Erzählrepertoire vieler Menschen nehmen jedoch Erlebnisberichte über verblüffende, unerwartete Heilungen durch Gebetsheilende einen festen Platz ein. Ein immer wiederkehrendes Motiv in den meisten Erzählungen ist das Erstaunen der Ärzteschaft und des Pflegepersonals über völlig unerwartete Heilerfolge bei Innerrhoder Patienten und Patientinnen, die auf die geheime Ge-betstherapie zurückzuführen waren. Diese Heil(ung)sgeschichten mit allen dazugehörigen Verzerrungen und Übertreibungen sind für das Überleben des Gebetsheilens nicht zu unterschätzen. Die Tatsache, dass es sich beim Gebetsheilwesen um eine Geheimkunst handelt, sowie der Umstand, dass für deren Ausübung weder je eine Bewilligung notwendig war noch (in den meisten Fällen) ein Honorar dafür gefordert wurde und wird, hatte wohl zur Folge, dass die Gebetsheilerei nie aktenkundig geworden ist. Als Folge davon und wohl auch aus anderen Gründen ist das Thema in der Innerrhoder Geschichts- und Heimatkundeliteratur inexistent. Einzig Pater Ferdinand Fuchs erwähnt in seiner Dissertation sogenannte Quacksalber oder «Häxemeischter», die bei verschiedenen Viehkrankheiten (Ekzeme, Gliederschwund, Fieberhitze, Euterverhärtungen und Klauenfäule) von den Innerrhoder Bauern häufig beige-zogen werden (8). Laut Fuchs lachten die jüngeren Bauern darüber, während die ältere Generation zum Teil ohne jeden Zweifel daran glaubte.

Eine interessante, leider ungedruckte Quelle, bildet eine Umfrage der Schweizerischen Gesellschaft für Volkskunde, Basel, die anfangs der 1930er Jahre durchgeführt wurde (9). Als Korrespondent für Appenzell Innerrhoden beantwortete der damalige Ratschreiber Albert Koller (Jahrgang 1904) zusammen mit einer Redaktionskommission den Fragebogen. Frage 1431 lautete beispielsweise: «Kennt man Sprüche und Segen gegen Krankheiten und Wunden? Wie heissen sie?» Koller schrieb folgende Antwort nach Basel: «Ja. Man wird aber von denen, die sie anwenden nichts inne. Selbst ein Mitglied der Kommission, das sich rühmt, Blut stillen zu können auf solche Art, verriet das Mittel nicht.» Bereits vor rund 60 Jahren scheinen also Recherchen in dieser Richtung nicht gerade erfolgreich gewesen zu sein. Die Bedeutung der Heilenden umschrieb Koller in der Antwort zur Frage 1163 («Gibt es Wunderdoktoren [für Menschen und Vieh?]») folgendermassen: «Ja. Die Leute, die etwas Besonderes können (Blutstillen, gegen Hitz und Brand, gegen Schwini u. drgl.) werden unter der Hand von einem zum andern empfohlen. Ihre Tätigkeit ist nicht öffentlich, aber von nicht zu unterschätzender Bedeutung.» Diese Feststellung könnte wohl auch heute noch ohne grosses Zögern unterschrieben werden.

Das Phänomen des Gebetsheilens muss als Teil eines komplexen gesell-schaftlichen und kulturellen Systems verstanden und betrachtet werden. Ein besonderes Augenmerk gilt dabei der allgemeinen Entwicklung der offiziellen Medizin und der medizinischen Versorgungslage. Diese kann in Innerrhoden im Vergleich zu anderen Kantonen seit dem 19. Jahrhundert als gut bezeichnet werden. Seit 1893 verlief die Entwicklung des Innerrhoder Gesundheitswesens allerdings grundlegend anders als in Appenzell Ausserrhoden. Damals sprach sich der Grosse Rat von Appenzell Innerrhoden für das Patentobligatorium aus, was bedeutete, dass den praktizierenden Naturärzten die Ausübung ihrer Heiltätigkeit verboten wurde (10). Dieses Verbot wurde nicht zuletzt von der Innerrhoder Ärzteschaft angeregt, die bereits 1812 eine Sanitätsordnung verlangte, um der «schäd-lichen Quaksalberei» Einhalt zu gebieten. Die Gebetsheilerinnen und Gebetsheiler wurden in dieser Debatte mit keinem Wort erwähnt. Dies ist insofern verständlich, als sie für die damalige wie auch für die heutige Ärzteschaft keine Konkurrenz im ökonomischen Sinne darstellten. Das Gebetsheilwesen hatte immer eine Komplementärfunktion zum offiziellen Gesundheitssystem. Krankheiten und Schmerzen wurden und werden sehr oft zusätzlich zur konventionellen ärztlichen Behandlung von Gebetsheilenden bekämpft.

 

DIE BEHANDELTEN ERKRANKUNGEN

Am häufigsten werden die Gebetsheilenden zur Behandlung von Entzündungen aller Art und von Fieber beigezogen. Die angewandte Therapie trägt in den meisten Fällen auch zur Schmerzlinderung bei. Die meisten Gebetsheilenden sind zudem in der Lage, Blut zu stillen sowie Warzen, Überbeine (11), Ekzeme und Flechten – im Dialekt werden diese Hautkrankheiten pauschal als «Chälblipläss» (12) bezeichnet – zu vertreiben. Es gibt auch Heilende, die Gelbsucht, Gicht und Muskelschwund (Atrophie) mit Erfolg zu behandeln wissen. Hinzu kommen Hilfeleistungen bei psychischen Problemen, bei Prüfungen und allem voran bei Heimweh. Während sämtliche Krankheitsbilder auch in anderen Gegenden, in denen Gebetsheilprak-tiken zur Anwendung gelangen, behandelt werden, scheint das «Nehmen» des Heimwehs eine «Innerrhoder Spezialität» zu sein (13).

 

MÖGLICHKEITEN UND GRENZEN DER GEBETSHEILUNGEN

Die Grenzen des Gebetsheilens – was den Personenkreis betrifft – muss die heilende Person zuerst bei sich selbst feststellen. Sie kann allen helfen ausser sich selbst (14).

Die meisten Gebetsheilenden sind sich bewusst, dass mit der «Hitz ond Brand»-Therapie wohl Infektionen zum Abklingen gebracht und die dazu gehören-den Schmerzen gelindert nicht aber die Krankheiten oder Leiden geheilt werden können. Auch die Hilfe bei Operationen zielt daraufhin, postoperative Infektionen zu minimieren. Bei Krebs oder anderen sogenannt unheilbaren Krankheiten müssen auch die meisten Gebetsheilenden kapitulieren. Sie können jedoch den Leidenden «die Angst nehmen» und dafür sorgen, dass sie «ruhiger» werden. Während die meisten Therapien auf Distanz erfolgen, müssen hartnäckige derma-tologische Erkrankungen «umfahren» werden – im Falle von offenen Beinen mit einer aufgeschnittenen Kartoffel (15). Als weitere Bedingungen kommen bei dermatologischen Problemen hinzu, dass der Mond «schwiinig», d.h. abnehmend sein muss, und die Betreffenden die Warze oder das Ekzem während des Heil-prozesses nicht anschauen dürfen.

Die Behandlungen von Haustieren (16) erfolgen heute noch ungefähr im selben Rahmen, wie sie P. Ferdinand Fuchs beschrieben hat (17).

 

DER GEBETSHEILER ALS PSYCHOLOGE UND SEELSORGER IM SPANNUNGSFELD ZWISCHEN TRADITION UND MODERNE

Ein Informant (Jg. 1935) heilt seit rund 20 Jahren – anfangs mit Hilfe von Heil-sprüchen und -gebeten, die ihm sein Vater in einem handgeschriebenen Büch-lein hinterlassen hatte. Heute kommt er ohne die überlieferten Gebete aus. Was an Krankheiten an ihn herangetragen wird, versucht er zu behandeln, denn er ist der Überzeugung, dass positiver Einfluss auf «alles» wirken kann. Das Heilen ist für ihn Berufung; er fühlt sich verpflichtet zu helfen, wo er um Hilfe gebeten wird. Seine individuellen Heilgebete, in denen immer auch Maria um Hilfe gebeten wird, beschliesst er immer mit der Formel: «Es helfe Jesus Christ; im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes, Amen». Er legt grossen Wert darauf, bei seinen Heilungen auch das sogenannte Umfeld der Patientinnen und Patienten zu berücksichtigen. Die «Hitz und Brand»-Therapie vieler Gebetsheilenden seien sehr oft nur Symptombehandlungen. Es gelte aber der «Wahrheit» der Krankheit auf den Grund zu kommen. Aus diesem Grunde sei es wichtig, diese den Leuten möglichst schonend beizubringen. Wenn die Behandelten denken: er hat eigentlich recht, dann ist ihnen schon ein gutes Stück weit geholfen. Er verstehe seine Art zu heilen lediglich als Anstoss zur Selbstheilung. Dabei gehe es auch darum, herauszufinden, welchen Weg die Krankheit dem Erkrankten oder Verunfallten weisen wolle. In der Krankheit liege immer auch eine Chance zur Entwicklung. Voraussetzung sei aber der Wille zum Gesundwerden. Wenn dieser nicht vorhanden ist, seien alle Heilbemühungen von aussen umsonst. Ein Geheimnis des Gebetsheilens liegt demnach also gewissermassen in der Freisetzung von blockierten Selbstheilungskräften des oder der Erkrankten.

Der Informant betrachtet seine Heilfähigkeit als eine Gabe Gottes. Dazu kämen die «geistigen Helfer», die denjenigen unterstützten, der das Gute suchte. Das bedeute aber nicht, dass nicht auch negativ Denkende heilen könnten. Als negativ betrachtet er alles, was mit «Macht ausüben» und «jemanden beherrschen» zu tun hat. Das Gebet und die Fürbitte für die Armen Seelen und die «bösen Kräfte» brächten diesen Erlösung und uns Kraft und Stärkung. Im übrigen ist er überzeugt, dass wir von vielen Übeln erlöst würden, wenn wir wieder vermehrt lernen würden, mit dem Rhythmus der Schöpfung zu leben.

Eltern, deren Kleinkinder in der Nacht ohne erkennbare Ursache immer wieder unruhig sind, empfiehlt er, geweihte Agnus Dei (18) unters Kopfkissen oder in den Stubenwagen zu legen. Die davon ausfliessende positive Ausstrahlung bewirke, dass negative Kräfte, die möglicherweise im Spiel seien, gebannt werden können. Sollte im Stall «etwas nicht in Ordnung» sein, rät er, an den Türsturz den Haussegen «C+M+B» (19) als Schutzmittel anzubringen. Dieser Haussegen ziehe die «guten Kräfte» an und werde so zum Schutz gegen andere. Auf das Anbringen von Steinbockgehörnen oder «Trienzen» (20) zur Abschreckung von «bösen Geistern» soll jedoch verzichtet werden, da es sich dabei auch wieder um eine «ungute» Kampfansage an das Böse handle.

 

PATIENTEN UND PATIENTINNEN

Die Hilfesuchenden kommen nach übereinstimmenden Aussagen verschiedener Gebetsheilenden aus allen Schichten - dazu gehören auch Reformierte, wie immer wieder betont wird. Geographisch ist der Patientenkreis weit gestreut, wobei die Einheimischen den Hauptanteil ausmachen. Die Distanz spielt beim Gebetsheilen anscheinend keine Rolle; ob nun jemand in Zürich oder Bern Hilfe brauche oder in der unmittelbaren Nachbarschaft – die Kraft wirke genau gleich. Für eine Heilerin ist es wichtig, dass sie die Anrufenden gleichsam durch das Telefon sieht. Gelingt es ihr – und das ist meistens der Fall –, sind auch die Chancen auf eine Heilung grösser. Die meisten Hilfesuchenden sind langjährige und treue «Kunden» bei den jeweiligen Gebetsheilenden.

 

GEBET ODER ZAUBER

Eine Gebetsheilerin hat vor einiger Zeit einem Mädchen, dem es sehr schlecht ging, ohne den ausdrücklichen «Auftrag» von dessen Mutter geholfen. Das Mädchen durfte innert Kürze genesen, und die Mutter erfuhr nachträglich von der «geheimen» Therapie. In der Folge davon beschimpfte diese die Gebetsheilerin in übelster Weise als Hexe. Dieses Beispiel zeigt, dass den Gebetsheilenden oft Misstrauen und Vorbehalte entgegengebracht werden, weil ihr Tun in der Nähe der sogenannten schwarzen Magie angesiedelt wird. Unter schwarzer Magie wird die Fähigkeit verstanden, unter Benützung «böser» Kräfte und Mächte Schadenzauber zu verüben. Und in der Tat ist das nach übereinstimmenden Aussagen verschiedener Gewährspersonen vereinzelt immer noch praktizierte Diebesbannen (21) eindeutig eine Form des Schadenzaubers, obwohl es aus der Sicht der Bestohlenen einem guten Zweck dient. Dabei wird dem Dieb auf dem Weg des Fernzaubers das «Wasser abgestellt», d.h. er kann unter grossen Schmerzen so lange nicht urinieren, bis er das Diebesgut zurückgestellt hat, und der Bann daraufhin von ihm genommen wird.

Die auffallende Betonung der Religiosität und der massgeblichen Rolle des Glaubens könnte aber doch auch ein Indiz dafür sein, dass die Heilenden wegen ihrer Tätigkeit eine gewisse Verunsicherung spüren, dass ihnen bewusst ist, sich in einem Grenzbereich von Gut und Böse zu bewegen. Leider werden in Innerrhoden nach Ansicht und nach der subjektiven Erfahrung vieler noch heute Kleinkinder geplagt, bei Kühen Fehlgeburten verursacht und vieles ähnliches mehr. Diese Art von Schadenzauber wurde und wird vorwiegend Frauen angelastet. Die schwerwiegenden Konsequenzen, die diese Diffamierungen und Stigmatisierungen für die Betroffenen haben, sind leicht auszumalen.

Die Gebetsheilenden in Innerrhoden betrachten sich ohne Ausnahme als von Gott mit der Fähigkeit zum Heilen begabt beziehungsweise begnadet. Dabei darf von der Vorstellung ausgegangen werden, dass die von Jesus seinen Jüngern zugesprochenen Gaben auch heute noch nicht ganz erloschen sind, dass also Menschen, die fest im christlichen Glauben stehen, ähnliches zu tun vermögen wie diese. Das Phänomen des Gebetsheilens rückt somit in die Nähe der religiös begründeten Heilungen an Wallfahrtsorten. Mirakelberichte und moderne Gebets-erhörungen dokumentieren dort in reichem Masse, was durch die Kraft des Glaubens und des Gebets möglich ist.

Entscheidend beim Gebetsheilen mit oder ohne Heilspruch – so ein Gewährs-mann zum Problemkreis «Zauber oder Gebet» (22) – sei jedoch die Einstellung des Heilenden: Wird mit einem Spruch unabhängig von übermenschlichen Mäch-ten durch eigenes Wissen und Können etwas erzwungen, wird der Spruch zum (magischen) Zauberspruch; wird eine Bitte hingegen in der Erkenntnis der eigenen Ohnmacht vertrauensvoll der göttlichen Macht anheimgestellt, handelt es sich um ein (religiöses) Gebet. In der Praxis droht hingegen das christliche Gebet immer wieder zur Zauberformel zu verkommen, welche richtig aufgesagt und wiederholt unfehlbar zu wirken hat. Um dem zu begegnen, sei es wichtig – so der Gewährsmann –, dass mit dem Gebet der Gedanke verknüpft ist: «Aber nicht wie ich will, sondern wie Du willst» (Mark.14, 36) (23).

 

___________

(1)   Ingo Schneider: Volksmedizin zwischen Tradition und Moderne. Von SpruchheilerInnen und MagnetiseurInnen im Montafon. In: Schweizerisches Archiv für Volkskunde 89 (1993), S. 87-100.

(2)   Anita Chmielewski-Hagius: «Was ich greif, das weich...» Heilerwesen in Oberschwaben. Münster / New York 1996.

(3)   Martina Bühring: Heiler und Heilen. Eine Studie über Handauflegen und Besprechen in Berlin. Berlin und Hamburg 1993.

(4)   Eduard Renner: Goldener Ring über Uri. Zürich 1941, S. 216.

(5)   Werner Manz: Volksglaube aus dem Sarganserland. In: Schweizerisches Archiv für Volkskunde 24 (1923), S. 292-308 und Fortsetzung 25 (1925), S. 65-69.

(6)   Atlas der schweizerischen Volkskunde, begründet von Paul Geiger und Richard Weiss, weitergeführt von Walter Escher, Elsbeth Liebl und Arnold Niederer. Basel 1950-1989. Im Zusammenhang mit dem Gebetsheilen sind vor allem die Karten 278 («Warzenmittel; ‘Magische’ Mittel: besprechen, abwaschen, fortwerfen») und Karte 281 (Mittel um das Blut zu stillen») von Interesse. Dabei zeigt sich, dass das Besprechen vorwiegend in der Ostschweiz und im Jura beobachtet werden konnte, während in den Kantonen VS, FR, TI, in der Innerschweiz und im Bernbiet diese Therapieform wenig verbreitet war. An 31 Orten geschah zur Zeit der Atlasaufnahmen (1937-1942) das Blutstillen noch durch Gebete, Segen und Sprüche. Das Schwergewicht lag auch hier in der Ostschweiz und in Graubünden. Die Praxis des Blutstillens war jedoch an den meisten Orten am Verschwinden oder sie lebte nur noch in der Erinnerung der Gewährsleute.

(7)   H. Harmjanz / E. Röhr (Hg.): Atlas der deutschen Volkskunde. Leipzig 1937-1939. Die Karten 110-113 des ADV zeigen die Verbreitung und die Bezeichnungen für das Besprechen von Krankheiten im Untersuchungsgebiet (auch deutschsprachige Regionen ausserhalb Deutschlands).

(8)   Vgl. P. Ferdinand Fuchs: Bauernarbeit in Appenzell Innerrhoden. Basel 1977, S. 132.

(9)   In dieser sogenannten Enquête 1 (im folgenden als «Enquête 1» zitiert) wurde ein Fragebogen von 1585 Fragen «über die schweizerische Volkskunde» im Korrespondentenverfahren in der ganzen Schweiz gestreut.

(10)   Vgl. Appenzeller Geschichte. Band 3. Appenzell 1993, S. 401.

(11)   Vgl. «Enquête 1» (wie Anm. 9), Frage 1512: «Welche Mittel wendet man gegen Überbein an?» Diese Frage wurde lakonisch mit: «“Sympathie”» beantwortet.

(12   Schweizerisches Idiotikon V, S. 151.

(13)   Zum «Heimweh der Appenzeller» aus historischer Sicht vgl. Hermann Bischofberger: Heimweh der Appenzeller. In: Appenzeller Tagblatt Nr. 95 vom 25. April 1981, S. 35. Auch der mancherorts längst verschwundene kirchliche Brauch, am 5. Februar (Agatha) kleine Brötchen (Agädäbrötli) zu segnen, um diese das Jahr über insbesondere gegen das Heimweh von Mensch und Tier anzuwenden, ist in Innerrhoden noch sehr lebendig.

(14)   Dieses «Gesetz» scheint mit einigen wenigen Ausnahmen überall zu gelten. Viele Heilende haben auch Schwierigkeiten, die eigenen Blutsverwandten zu behandeln. E. Rudolph deutet es psychologisch: «Je stärker der Heiler mit einem anderen Menschen verbunden ist, um so geringer ist der innere Abstand, um so grösser die Emotion, um so schwieriger wiederum die Fähigkeit zur Konzentration. Diese aber ist Voraussetzung für die Behandlung aller komplizierteren Leiden.» (Ebermut Rudolph: Die geheimnisvollen Ärzte. Von Gesundbetern und Spruchheilern. Olten und Freiburg im Breisgau 1977, S. 296.)

(15)   Dabei handelt es sich um eine Ausnahme, werden doch die Gebetsheilungen ansonsten ohne jegliche materiellen Hilfsmittel durchgeführt. Vgl. Schneider (wie Anm. 1), S. 89.

(16)   Auch im Montafon und in Oberschwaben werden von praktisch allen befragten Spruchheilenden Tierbehandlungen vorgenommen. Das Spektrum der behandelten Krankheiten ist sehr breit. In neuerer Zeit werden in diesen Gegenden der Tierarzt und der oder die Gebetsheilende sehr oft gemeinsam mit der Heilung beauftragt - gleichsam nach dem Motto: «Wenn der Tierarzt nicht hilft, dann die Gebetsheilerin (oder umgekehrt)». Chmielewski-Hagius (wie Anm. 2), S. 108ff.; vgl. auch Schneider (wie Anm. 1), S. 91.

(17)   Siehe oben S. 2.

18)   Die «Enquête 1» (wie Anm. 9), Frage 1133 erwähnt geweihte Gegenstände, sogenannte Tüüfels-Jageli, die man zum Schutz gegen Geister bei sich getragen habe. Diese Praxis wird allerdings (um 1935) als «heute wenig mehr gebräuchlich» bezeichnet.

(19)   Dabei handelt es sich um die Anfangsbuchstaben von «CHRISTUS MANSIONEM BENEDICAT» (deutsch: «Christus segne/schütze dieses Haus»).

(20)   Gabel mit drei Zinken. Vgl. Fuchs (wie Anm. 8), S. 72, Anm. 37.

(21)   Die Bekämpfung des Diebstahls durch zauberische Mittel hat eine sehr lange Tradition. Vgl. dazu Spamer (wie Anm. 8), S. 167ff. Auch im Montafon und im süddeutschen Raum wird das Diebesbannen immer noch ausgeübt. Vgl. Schneider (wie Anm. 1), S. 92f.; Chmielewski-Hagius (wie Anm. 2), S. 124ff.

(22)   Zum Thema Zauberei und Magie vgl. Richard Weiss: Volkskunde der Schweiz, Erlenbach / Zürich 1946, Kap. 11 «Glauben und Wissen», S. 298-330; Christoph Daxelmüller: Zauberpraktiken. Eine Ideengeschichte der Magie, Zürich 1993; Kap. «Die Utopien: Totbeten und Schwarze Messen», S. 154 ff.

(23)   Vgl. Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens. Hg. von E. Hoffmann-Krayer u. H. Bächtold-Stäubli. Bd. 3. Berlin 1930/1931, Sp. 366ff. s.v. Gebet.

 

Diesem Artikel liegt ein längerer, reich illustrierter Aufsatz mit dem Titel «För Hitz ond Brand» zugrunde. Erschienen in: Walter Irniger (Hg.): Kräuter und Kräfte. Heilen im Appenzellerland, Herisau 1995.

 

FÖR HITZ OND BRAND: DAS PROJEKT
FÖR HITZ OND BRAND: EINE EINFÜHRUNG

 

home | zurück